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Neues aus dem Narrenhaus

Wir leben in einer Welt, worin ein Narr viele Narren, aber ein weiser Mann nur wenige Weise macht.

Georg Christoph Lichtenberg

Weihnachtsgeschichte

Auch Gott trinkt gern mal ein Bier, schrieb einst ein Dichter. Wenn er dann die Fünfe grade sein lässt, geht’s auf Erden wohl drunter und drüber.

Dann, scheint es, sind auch unsere Kirchenherren von den guten Geistern verlassen. Von zweien ganz sicher, dem der Weihnacht und der Nächstenliebe. Da kann es vorkommen, dass sie ein Mütterlein auf die Straße setzen, vor eben dem Haus, in dem sie bisher wohnte.

Womöglich ist ja eigener Bedarf angemahnt so kurz vor der Nacht, in der die Ankunft des Herrn aus dem Morgenland gefeiert wird allenthalben. Dieses Mal soll er nicht in einem schnöden Stall behaust sein, müssen sie beschlossen haben.

Könnte sich wohl jemand von euch Herrn erbarmen und dem Mütterlein den Weg weisen zu diesem Stall, dass sie nicht ganz ohne Dach überm Kopf das Fest der Liebe begehen muss?

Oder habt ihr beides vergessen, den Weg zum Herrn und seine Liebe zum Nächsten?

Kaisers neue Kleider

So begab es sich zu einer Zeit, dass der Kaiser neue Kleider brauchte. In dieser Zeit hatte sich auch allerlei Schalksvolk im Palast eingenistet.

Zweien dieser Strolche juckte wohl das Fell. Von neuen Moden für die Welt redeten sie dem Kaiser vor und das sie ihm die wohl nähen wollten. Sie hatten den Kaiser scheint’s als den Größten unter Gleichen erkannt. Reichen Lohn und lebenslange Rente versprachen sie sich und er ihnen dafür.

Also kauften sie in Wahrheit über Nacht dem Oberstrolch Gewänder in der Art, wie sie von Weibern getragen werden in der dunklen Gasse am westlichen Tor.

Der Kaiser sah die Kleider und sah nichts. Genauer, er sah nichts, das ihm bisher ziemte.
Nun war es aber so, dass die Strolche ihrem Oberstrolch flüsterten, dass nur ein Narr nichts sehe. Klug wie er sich dachte, lobte er, was er nicht sah.

Wir kennen den Knaben, der rief: Aber das sind ja Weiberkleider an dem Kerl!

Nicht gut erging es dem danach. Studieren muss er seither, dass ein Schalk sein kann, was er will und dass er das nicht vergisst, da sei des Henkers Beil vor.

So kann es zugehen in einem Land, wenn Narren sich einen Strolch zum Kaiser wählen.

Übrigens: Es finden sich immer welche, die sich sehen lassen wollen, weil sonst nichts ist, das sich sehen lassen könnte.

Segen und Fluch

Viel Mühsal bereitete unseren Altvorderen der Fluch oder Bann. Drum musste das wohlüberlegt zugehen. Womöglich schlug der Fluch fehl und traf den selbst, der ihn sprach.

Bei Vollmond baren Fußes Kräuter sammeln und nur dazu geeignete. Ein Püpplein bauen aus Stock oder Stein und daran binden was vonnöten. So konnte es gelingen, zu jener Zeit.

Auch nächtens tanzen in einem Kreis um ein Feuer, dahinein man die Kräuter warf, konnte gelingen zum Johannismond. Sieben Gleiche waren hierfür nötig, sagt man. Sieben oder dreizehn an der Zahl, die die alten Texte singen konnten.

Was hat die Technik doch für Fortschritt gebracht. Behaglich bei Kaffee und Kuchen auf dem Sofa, erlaubt sie uns zu bannen, fluchen und blocken in ungeahnter Zahl und in Bequemlichkeit, die uns auf X ein U vormachen wollen.

Gesegnet seist du und dein Byte in Ewigkeit. Amen

Haut und Knochen

Während sie unsere Hoffnungen und Sitten massakrieren, werfen sie uns Almosen als Knochen hin, dass wir unsere Zähne an ihnen wund kauen.

Weil sie unser Fleisch für sich wollen. Das Fleisch schälen sie uns von den Knochen, die wir zu Markte tragen, die und unsere Haut.

Wir könnten aber unsere Zähne nehmen und kräftig um uns beißen, bevor sie uns die auch ziehen.

Aber Narren tun so nicht.

Das kluge Richterlein

An einem Gericht sind der klugen Leute viele. Dort braucht es Klugheit vor und hinter der Schranke.

So kam mir ein Fall zu Ohren, in dem viel Klugheit zusammen kam. An diesem Tag wurden ihrer acht Strolche gefangen. Einem Weib waren sie auf den Leim gegangen, fingen die acht an zu klagen, verrucht in Kleidung und im Benehmen. Offenbar waren sie klug beraten zuvor, so zu tun.

Neu in diesem Land und schutzlos in ihrer Jugend, hätten sie sich der Verlockung nicht erwehren können, klagten sie. Nicht klar sei ihnen gewesen und auch gleichgültig, dass heimatlich Erlerntes hier nicht recht gelten solle.

Klug war aber auch das Richterlein. So klug, dass es wusste, dass Gerechtigkeit hier vonnöten war. Und so sprach es gerecht für sich und seinem Schutz. Es ließ ihrer sieben laufen. Den achten Strolch hingegen schalt es streng.

Was dem Weib fortan ein Leben sein soll, weiß ich nicht zu berichten. Sie wird wohl den achten aus dem Wege zu gehen versuchen.

Was nützt es also, wenn das Gericht die klugen Leute hat und bei Hofe Narren tanzen?