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George Orwell & Michel Foucault – Die totale Überwachung

George Orwell & Michel Foucault - Die totale Überwachung

Ein panoptisches Gefängnis ist ein Konzept, das vom britischen Philosophen Jeremy Bentham im 18. Jahrhundert entwickelt wurde. Es basiert auf dem Prinzip der ständigen Überwachung der Insassen. Die Wärter erzeugen ein Gefühl der Unsichtbarkeit und der potenziellen Beobachtung in dem sie über einen unterirdischen Gang den Wachturm betreten bzw. verlassen. Dieses Konzept zielt darauf ab, das Verhalten der Gefangenen zu kontrollieren und Disziplin aufrechtzuerhalten, indem sie sich ständig beobachtet fühlen.

Die Architektur eines panoptischen Gefängnisses besteht in der Regel aus einem zentralen Turm, von dem aus Wachpersonal oder Überwachungskameras alle Zellen oder Räume der Insassen einsehen können, ohne selbst gesehen zu werden. Dies ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung, ohne dass die Gefangenen sicher sein können, ob und wann sie tatsächlich beobachtet werden.

Das panoptische Prinzip beruht auf der Idee, dass das Wissen über die mögliche Beobachtung ausreicht, um Verhalten zu regulieren. Gefangene und Insassen wissen nie genau, wann sie beobachtet werden, was zu einem Gefühl der permanenten Überwachung führt. Dieses Gefühl soll Selbstkontrolle und Konformität fördern, da die Insassen aus Furcht vor den Konsequenzen dazu neigen, sich an die Regeln zu halten.

In modernen Zeiten hat das Konzept des panoptischen Gefängnisses Einfluss auf verschiedene Bereiche der Gesellschaft gefunden, nicht nur in physischen Gefängnissen, sondern auch in sozialen Institutionen, Überwachungstechnologien, bis hin in den digitalen Raum.

Die Thematik der totalen Überwachung, die sowohl in George Orwells Werk „1984“ als auch in den Gedanken des französischen Philosophen Michel Foucaults eine zentrale Rolle spielt, ist von großer Bedeutung für das Verständnis der modernen Gesellschaft und ihrer Strukturen. Beide haben auf unterschiedliche Weisen die Frage aufgeworfen, wie Überwachung und Macht in einer Gesellschaft zusammenwirken und wie sie die individuellen Freiheiten beeinflussen können.

George Orwell präsentierte in seinem dystopischen Roman „1984“ eine Welt, in der der allgegenwärtige „Große Bruder“ jede Facette des Lebens der Menschen überwacht. Die Bürger werden durch teleschirmgestützte Überwachung, Gedankenverbrechen und eine strenge Kontrolle der Sprache unterdrückt. Das Werk stellt die drastischen Auswirkungen eines totalitären Regimes auf das individuelle Denken und die Privatsphäre dar. Orwells Vision reflektiert Ängste vor autoritären Regierungen und dem Verlust persönlicher Freiheiten, die in den turbulenten Zeiten des 20. Jahrhunderts entstanden sind.

Im Gegensatz dazu analysierte Michel Foucault, ein französischer Philosoph, Sozialtheoretiker und Historiker, in seinen Schriften, wie Macht und Wissen in modernen Gesellschaften wirken. In Werken wie „Überwachen und Strafen“ betrachtete er die Mechanismen der Disziplinierung und Kontrolle, die in Institutionen wie Gefängnissen, Schulen und psychiatrischen Anstalten auftreten. Foucault erklärte, dass die Überwachung nicht nur von oben auferlegt wird, sondern auch auf persönlicher Ebene stattfindet, in dem Menschen sich selbst überwachen, sich selbst zensieren, um den vorgegebenen sozialen Normen zu entsprechen. Diese Form der „Selbstüberwachung“ und „Selbstzensur“ kann ebenso einschränkend sein wie eine äußere Überwachung.

Sowohl Orwell als auch Foucault waren sich bewusst, dass Macht und Überwachung untrennbar miteinander verbunden sind und dass der Verlust von Privatsphäre und individueller Freiheit ernsthafte Folgen für das Individuum und die Gesellschaft haben.

Orwell malte in „1984“ ein beunruhigendes Bild der totalen Überwachung, das als Warnung vor den Gefahren von Totalitarismus und staatlicher Kontrolle dienen sollte. Foucault hingegen betonte die vielschichtige Natur von Macht und Überwachung, die nicht nur von Regierungen ausgeübt wird, sondern auch in alltäglichen sozialen Strukturen vorhanden ist.
Als Beispiel sei hier nur der Einsatz von sogenannten IMs (informelle Mitarbeiter) durch die Stasi der DDR genannt, die es ermöglichte bis in Familien hinein ein Netz aus Mißtrauen und Denunziation zu spannen. Dabei war es wichtig, dass die IMs geheim blieben, nicht aber die Existenz dieses Netzes.

Sowohl Orwell als auch Foucault haben in ihren Werken die Notwendigkeit betont, wachsam gegenüber staatlicher Macht und sozialen Normen zu sein, die die individuellen Freiheiten einschränken könnten. Orwell warnte vor einer Zukunft, in der die Überwachung die Seele der Gesellschaft erstickt, während Foucault dazu aufrief, die verborgenen Mechanismen der Macht zu entdecken, die in den Strukturen des Alltags verankert sind.

Während die digitale Überwachung auf eine stetig neue Ebene angehoben wird, gewinnen diese Gedanken von Orwell und Foucault noch größere Relevanz. Die Sammlung und Auswertung von Daten in einem Ausmaß, das Orwell sich kaum hätte vorstellen können, wirft neue Fragen über Privatsphäre, individuelle Freiheit und den Umgang mit Informationen auf. Die Diskussionen über Überwachung, Datenschutz und ethische Grenzen sind heute so aktuell wie nie zuvor.

Die Grundlage von Foucaults Denken liegt in seiner Betrachtung von Machtverhältnissen. Er verstand Macht nicht nur als etwas, das von einer zentralen Autorität ausgeübt wird, sondern als ein Netzwerk von Beziehungen, in dem Individuen sowohl Macht ausüben als auch unterworfen werden. Seine Konzepte von „Panoptismus“ werfen ein Licht auf die Strukturen der Überwachung, die in der Gegenwart präsent sind. Damit bezieht er sich nicht nur auf die tatsächlich stattfindende Kontrolle, sondern auch auf die Auswirkungen einer subjektiv empfundenen Überwachung und in deren Folge die stattfindende Selbstzensur im Denken und Handeln.

In Foucaults „Überwachen und Strafen“ beschäftigt er sich mit der Entwicklung von Überwachungsmechanismen in Gefängnissen und anderen Institutionen. Das Konzept des Panopticons, entlehnt aus Jeremy Benthams Architekturvision, veranschaulicht, wie ein zentraler Beobachtungsturm ermöglicht, dass diejenigen, die beobachtet werden, sich permanent beobachtet fühlen, auch wenn niemand tatsächlich zuschaut. Dieses Konzept lässt sich auf moderne Überwachungstechnologien übertragen, bei denen Kameras und digitale Technologien eine ähnliche Atmosphäre der ständigen Beobachtung schaffen.

Der Übergang zur digitalen Gesellschaft hat die Art und Weise, wie Überwachung praktiziert wird, verändert. In der Gegenwart sind wir von einer Fülle von Technologien umgeben, die unsere Aktivitäten überwachen und aufzeichnen können. Smartphones, soziale Medien, Überwachungskameras, Online-Transaktionen und mehr hinterlassen digitale Spuren, die von verschiedenen Institutionen und Unternehmen genutzt werden können, um Einblicke in unser Verhalten, unsere Vorlieben und unsere Beziehungen zu gewinnen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt von Foucaults Theorien ist die Idee der „Bio-Macht“. Diese bezieht sich auf die Fähigkeit der Macht, nicht nur physische Körper zu kontrollieren, sondern auch biologische Prozesse, Gesundheit und Lebensweisen zu beeinflussen. In der Gegenwart sehen wir dies in Form von Gesundheitsüberwachung, genetischer Forschung und Indikationen, Nahrungskontrolle, biometrischen Identifikationssystemen und dem allgemeinen Fokus auf körperliches Wohlbefinden.

Bio-Macht (französisch: le biopouvoir) ist ein Konzept, welches auf Michel Foucault zurückgeht und eine einzigartige Verknüpfung zweierlei Machttechniken in modernen, westlichen Gesellschaften bezeichnet: Zunehmende Individualisierung mittels Disziplinierung des einzelnen Körpers (anatomische Politik)[1] auf der einen und Regulierung der Bevölkerung (Bio-Politik)[2] auf der anderen Seite – wobei Foucault die Bevölkerung versteht als „eine Gruppe, die nicht einfach nur aus vielen Menschen besteht, sondern aus Menschen, die von biologischen Prozessen und Gesetzen durchdrungen, beherrscht und gelenkt sind [und die] eine Geburtenrate, eine Alterskurve (…), einen Gesundheitszustand“[3] hat.

Die Macht zum Leben ist dabei wesentlich um zwei Pole organisiert: Einerseits richtet sie sich auf den individuellen Körper, auf seine Zurichtung vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Zustände, die Steigerung seiner Nützlichkeit und die Ausnutzung seiner Kräfte – die sogenannte anatomische Politik.[4] Zum anderen auf den „Gattungskörper“, die Regulierung der Bevölkerung – Bio-Politik.

Ein extrem wichtiger Eingriffspunkt der neuen Macht ist die Sexualität. Sie erlaubt den Zugang zum Individuum und über sie funktioniert auch die Kontrolle der Bevölkerung. „Die Sexualität liegt letztlich genau an der Verbindungsstelle zwischen der individuellen Disziplinierung des Körpers und der Regulierung der Bevölkerung. (…) Die Sexualität ist das Bindeglied zwischen anatomischer Politik und Biopolitik; sie liegt am Kreuzungspunkt der Disziplinierungs- und Regulierungsformen, und in dieser Funktion wird sie Ende des 19. Jahrhunderts zu einem erstrangigen politischen Instrument (…).“[4]

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Bio-Macht

Die völlige Kontrolle des Denkens innerhalb der gegenwärtigen Gesellschaft manifestiert sich nicht nur in staatlichen Institutionen, sondern auch in der Privatsphäre unserer eigenen Häuser. Das Internet ermöglicht es Geräten, miteinander zu kommunizieren und Daten über unser tägliches Leben zu sammeln. Smarte Fernseher, intelligente Lautsprecher, vernetzte Haushaltsgeräte – sie alle können potenziell genutzt werden, um Informationen über uns zu sammeln und Profile zu erstellen. Offensichtlich ist es möglich, Smartphones und Internet allen Menschen in allen Bereiche der Welt zugänglich zu machen, aber nicht akzeptable Lebensbedingungen oder ausreichend Lebensmittel und Trinkwasser.

Die Debatte über Datenschutz, Überwachung und individuelle Freiheiten sind relevanter denn je. Unternehmen sammeln Daten, um personalisierte Werbung anzubieten, Regierungen überwachen potenzielle Bedrohungen für die nationale Sicherheit, und gleichzeitig setzen sich Aktivisten für den Schutz der Privatsphäre und die Einschränkung der Überwachung ein.

Abschließend lässt sich sagen, dass Michel Foucaults Denkansätze und Theorien zur totalen Überwachung in der Gegenwart zunehmend an Realität gewinnen. Unsere Beziehung zur Macht, zum Wissen und zur sozialen Kontrolle müssen wir kritisch betrachten, Wir müssen uns erinnern, dass die Art und Weise, wie wir beobachtet und kontrolliert werden, unsere Freiheiten und Identitäten prägt. Die anhaltende Relevanz seiner Ideen verdeutlicht, dass Foucaults Erbe weiterhin Licht auf die komplexen Dynamiken wirft, die unsere moderne Welt prägen.

Doch statt dessen begrüßen wir sie nicht selten als Erleichterung und Vereinfachung des alltäglichen Lebens. Es hat den Anschein, als würden die Ängste der Mächtigen eine Kreativität hervorbringen, die uns scheinbar keine andere Wahl lässt, als das wir an ihren Plänen teilhaben wollen.

Panopticom – Peter Gabriel (Deutsche Übersetzung)

In der Luft nimmt die Nebelwolke ihre Form an
Alle Handys machen Fotos, während es warm ist.

Panoptikum, lass uns herausfinden, was los ist
Panoptikum, lass uns sehen, wohin die Hinweise führen
Panoptikum, willst du uns nicht zeigen, was los ist?
Panoptikum, wie viel ist denn nun echt?

Und wir schütten die Medizin hinunter
Während wir die Welt um uns herum beobachten
Wir haben Zeugen vor Ort
Wir nehmen die Beweise auf

Und wir erreichen den ganzen Globus
Wir haben alle Informationen, die wir brauchen
Du siehst dich mit der großen Quelle konfrontiert

Tentakel um dich herum, um dich herum

Von oben und tief unter der Erde
In Berlin wurden alle Beweise gefunden
Sieh von der Straße aus und wir schauen vom Himmel herab
Sieh durch die Barrieren, wir können durch all diese Lügen sehen

Panoptikum, lass uns herausfinden, was los ist
Panoptikum, lass uns sehen, wohin die Hinweise führen
Panoptikum, willst du uns nicht zeigen, was los ist?
Panoptikum, wie viel ist denn nun echt?

Und wir schütten die Medizin hinunter
Während wir die Welt um uns herum beobachten
Wir haben Zeugen vor Ort
Wir nehmen die Beweise auf

Und wir erreichen den ganzen Globus
Wir haben alle Informationen, die wir brauchen
Du siehst dich mit der großen Quelle konfrontiert
Tentakel um dich herum, um dich herum
Um dich herum, um dich herum
Um dich herum

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